Moers im Würgegriff von Kreis- und Landespolitik

Bündnis 90/Die Grünen fordern ein langfristiges Konzept für Moers

29. Januar 2021

Die Inzidenz im Kreis Wesel liegt zwar mittlerweile unter der 100er Marke, allerdings ist die gelbe Stufe mit einer Inzidenz von unter 50 noch nicht in Sichtweite. Die Infektionszahlen in Moers steigen nach wir vor, wenn auch geringfügig. Mindestens bis Mitte Februar ist Moers im Lockdown. Wie lange die Moerser BürgerInnen noch durchhalten müssen ist nicht absehbar. Auch der Impfstart läuft schleppend und ohne einen umsetzbaren Plan.

Es ist nicht geklärt wie ältere Personen zu dem in Wesel gelegenen Impfzentrum kommen oder anderweitig geimpft werden. Stand 29.01.2021 hängt das bevökerungsreichte Bundesland mit 18 Millionen Menschen ganz hinten dran, was Impfstoffe und Verteilung anbelangt. Da sind die Fragen wer, wann wie zum Impfen kommt nahezu nachrangig und gleichzeitig deutliches Zeichen eines gefährlichen Dilemmas.

Mit Recht erwarten unsere BürgerInnen von Ihrer Politik vor Ort Hilfe. Aus dem Kreis, der Kassenärztlichen Vereinigung und aus den ministerialen Vorschriften des Landes können wir die offenbar nicht erwarten. In einer Hochphase der Pandemie gibt es kein Regelwerk und kaum Spielräume für Kommunen, auch nicht für Moers.

Vor allem ältere, alleinstehende Menschen zum Teil mit Vorerkrankungen fehlender Mobilität brauchen verlässliche Unterstützung. Die von uns eingebrachte und von den anderen Fraktionen unterstützte Idee eines kommunalen „Notruf“-Taxis hat zu einem Ansturm von Anrufen geführt, der die ganze Bandbreite von Verzweiflung und Hilflosigkeit deutlich gemacht hat. Bürgermeister und Verwaltung haben darauf prompt reagiert. Die Sorgen werden ernst genommen. Wirklich viel ändern dürfen und können wir nicht.

Auch wenn ab Mitte Februar die Schulen, Kitas oder sogar Geschäfte wieder öffnen dürfen ist nicht klar, unter welchen Rahmenbedingungen dies möglich sein wird und welche Maßnahmen greifen, wenn die Inzidenz wieder die kritische Marke von 50 überschreitet. 

Der fehlenden Transparenz und Kommunikation der Verordnungen von Kreis und Land sollten wir als Stadt mit eigenen Hilfestellungen begegnen dürfen. Nur so schaffen wir Akzeptanz und Vertrauen für die gesellschaftliche Herausforderung gegen die COVID 19 Verbreitung. Es ist daher wichtig, bereits jetzt einen Stufenplan zu entwickeln, der Maßnahmen enthält und verständlich macht, die entsprechend der Höhe der Inzidenz greifen können. 

Die Grünen NRW Landesfraktion hat einen Stufenplan entwickelt. Nicht alles, aber vieles ist davon als kommunale Maßnahme und Initiative umsetzbar.

Auf Landes-, Kreis- und Stadtebene fordern wir folgenden Stufenplan:

  • Ab einer Inzidenz von über 50: Reduzierung von Kontakten in Innenräume. Wechselunterricht in kleinen Gruppen, eingeschränkter Regelbetrieb in Kitas mit festen Gruppen, erhöhte Taktfrequenz im ÖPNV, weitere Begrenzung der max. zugelassenen Anzahl von Kund*innen und bzw. Gästen, vermehrt Mitarbeiter im Homeoffice.
  • Ab einer Inzidenz von über 50 über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen: Schließung von Gastronomie, den meisten Geschäften und Kultureinrichtungen. Schulunterricht an weiterführenden Schulen als Distanzunterricht, Kita mit reduzierten Betreuungszeiten und festen Gruppen, Kontaktbeschränkung: Angehörige eines Hausstandes dürfen sich mit maximal zwei weiteren Personen eines weiteren Hausstandes treffen.
  • In Hotspots (Inzidenz über 200): Ausgangssperre ab 21 Uhr, Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske in der Innenstadt und Kontaktbeschränkung auf eine weitere Person. Auch Grundschulen werden im Distanzunterricht unterrichtet.

Für Moers fordern wir mehr Schutz im ÖPNV und Konzepte für Schulen

Unabhängig von dem beschriebenen Stufenplan muss in Moers der Infektionsschutz im ÖPNV verbessert werden. Die Kapazitäten in den Stoßzeiten müssen erhöht und mehr bzw. größere Fahrzeuge eingesetzt werden. Die Entzerrung durch unterschiedliche Schulanfangszeiten wird auch einen Teil zur Verbesserung der Situation beitragen. Das Ansteckungsrisiko in den Schulen muss generell gesenkt werden, indem zusätzliche Räumlichkeiten genutzt und die personellen Ressourcen aufgestockt werden. In der aktuellen Situation müssen SchülerInnen, die Zuhause keine Bedingungen vorfinden, um erfolgreich am Distanzunterricht teilzunehmen, alternative Möglichkeiten geboten werden, in der Schule oder in anderen öffentlichen Räumen am Unterricht teilzunehmen. 

Kinder- und Jugendarbeit

Angebote der mobilen Kinder- und Jugendarbeit müssen auch mehr in den Fokus gerückt werden. Wo dies nicht geht, braucht es eine Notruf-Hotline, gerne online und organisiert von den Jugendeinrichtungen für Kinder und Jugendliche mit ihren Sorgen und Probleme. Um den Schutz mobiler Teams zu garantieren, bedarf es kostenfreier FFP2-Masken und mehr Testungsmöglichkeiten. Gleiches gilt auch für Kita-Mitarbeiter*innen. Kinder- und Jugendräume sollten sobald das Infektionsgeschehen dies zulässt, wieder geöffnet werden und mit klaren Hygienekonzepten und in kleinen Gruppen ihre Arbeit wieder aufnehmen können. Auch um die Eltern oder gerade Alleinerziehenden zu entlasten. 

Möglichkeiten zur Impfung schaffen

Gerade für die älteren und kranken Menschen wird es schwierig, das Impfzentrum in Wesel aufzusuchen. Daher sollte Moers alternative aufsuchende Konzepte erarbeiten. Möglich wären mobile Impfstationen wie z. B. Impfbusse, in Kooperation mit in Moers ansässigen Ärzten. Außerdem muss Moers über unterschiedliche Kanäle (Telefon-Hotlines oder digital) die Möglichkeit bieten, sich über die Impfung zu informieren und Impftermine zu vereinbaren. Die Nutzung der Software von Konzertbuchungsplattformen (wie z. B. eventim) wäre ggf. eine geeignete Alternative, um die Abläufe bei der Terminvergabe zu optimieren.

„Bei Dunkelheit muss man so weit fahren, wie weit man gucken kann, bis man einen totgefahren hat“, Jürgen von Manger in „Die Führerscheinprüfung“. Die derzeitige Landespolitik erweckt genau diesen Eindruck.

Bündnis 90/Die Grünen Moers